Vom Papyrus zum Pergament: Die wahrscheinlichere Version der Geschichte
Dass die Pergamonen das Pergament erfanden, ist heute widerlegt, da Schriften auf gespannter Tierhaut schon aus deutlich früherer Zeit existieren. Was wahrscheinlicher ist, ist, dass die Pergamonen die Methodik der Herstellung und Beschriftung von Pergament verbesserten und es so zu einem Material wurde, das als langfristiges Speichermedium gegenüber dem Papyrus bevorzugt wurde.
Papyrus ist ein Material, dessen erste Verwendung sich zu Beginn des dritten Jahrtausends v. Chr. nachweisen lässt. Es war das bevorzugte Material des pharaonischen Ägyptens, trotz der aufwendigen Herstellung aus den Stängeln der Papyruspflanze. Doch war Papyrus, als Rolle gelagert, nicht unbedingt ein platzsparendes Medium und außerhalb von Ägyptens trockenem und warmen Klima anfällig und nicht sonderlich lange haltbar.
Pergament hingegen wird aus Tierhäuten gewonnen, meistens von Kälbern, jungen Schafen oder Ziegen, da die Haut ausgewachsener Tiere zu dick ist. Aus diesem Grund ist die deutsche Redewendung „das geht auf keine Kuhhaut!“ auch nicht völlig korrekt. Die Haut wird in Kalklauge eingelegt und dadurch weich gemacht, danach getrocknet und gespannt, um sie dann zu glätten und mit Kreide abzupudern. Pergament ist nicht nur haltbar, es ist auch wiederverwendbar: Durch das Abschaben der Aufschriften kann es erneut genutzt werden und wird sodann zum „Palimpsest“: griechisch palimpsestos bedeutet „wieder abgekratzt".
Auch schon in antiker Zeit ging der Trend zur Datenkomprimierung auf immer kleineren, platzsparenden Speichermedien: Pergament konnte zerschnitten werden, um so Lagen zu bilden, welche zwischen schützenden Einbanddeckeln aufbewahrt wurden – heute auch als Buch bekannt. Papyrus eignete sich hierfür nicht, da es zu dick war und eine unregelmäßige Oberfläche besaß. Somit war das Schicksal des Papyrus besiegelt: Es " verschwand ... so gründlich vom Markt, dass das Rezept zu seiner Herstellung im 20. Jahrhundert erst wiederentdeckt werden musste", schreibt Joachim Willeitner.